Zweischalig Bauen übererfüllt Klimakriterien
In Zeiten, in denen jedes Produkt von sich behauptet, nachhaltig zu sein, braucht es objektive Kriterien, an denen sich Verbraucher bei ihrer Kaufentscheidung orientieren können. Im Bauwesen basiert die Neubauförderung der Bundesregierung daher auf quantifizierbaren Kriterien wie dem Primärenergiebedarf und Treibhauspotenzial. Eine Studie kam jüngst zum Ergebnis, dass zweischaliges Mauerwerk den Nachhaltigkeitskriterien nicht nur entspricht, sondern diese teilweise sogar übererfüllt.
Das KfW-Förderprogramm Klimafreundlicher Neubau (KFN) hat zwei Voraussetzungen: Das Gebäude muss den energetischen Standard eines Effizienzhauses 40 sowie die Kriterien des Qualitätssiegels Nachhaltige Gebäude (QNG) einhalten. So erhalten nur diejenigen Neubauten das Siegel, die über ihren Lebenszyklus betrachtet in ihrem Treibhauspotenzial unter einem Grenzwert von 24 kg CO2 e/(m2a) bleiben. Eine Ökobilanz-Studie des Bauberaters Life Cycle Engineering Experts mit Spezialisierung auf Nachhaltigkeit im Bauwesen kam bei der Untersuchung eines Ein- und Mehrfamilienhauses zum Ergebnis, dass Gebäude in zweischaliger Bauweise die Nachhaltigkeitskriterien der Bundesregierung „deutlich“ bzw. „erkennbar“ einhalten.
Hervorragende Ökobilanz mit Verblendmauerwerk
Zur Anfertigung der Ökobilanz werden die Umweltauswirkungen eines Gebäudes über seinen gesamten Lebenszyklus analysiert: von der Herstellung über die Instandhaltung und dem Energiebedarf im Betrieb bis zur Entsorgung der Baustoffe. Für die Ökobilanzierung der zweischaligen Bauweise haben die Verfasser der Studie – Dr.-Ing. Sebastian Pohl und Projektingenieur Oskar Maria Wrese – die Außenwandkonstruktionen von Typengebäuden untersucht. Alle Varianten bestehen aus einer tragenden Innenschale, einer Vormauerschale aus Backstein und einer dazwischenliegenden Kerndämmung aus Mineralwolle. Beim Einfamilienhaus wurde die Innenschale in den Varianten Porenbeton und ungefüllter Hintermauerziegel betrachtet, beim Mehrfamilienhaus in Kalksandstein und gefülltem Hintermauerziegel. Im Ergebnis erfüllen alle untersuchten Varianten die Förderkriterien und die Verfasser erwarten auch für andere Varianten keine signifikanten Unterschiede.
Lebenszyklus von Backsteinbauten deutlich länger als angenommen
Interessant ist besonders die Auswirkung des Betrachtungszeitraumes auf die Bilanz: Als Lebenszyklus werden im Sinne der Vergleichbarkeit meist 50 Jahre angenommen – ein Wert, der die tatsächliche Lebensdauer von Backsteinbauten um rund die Hälfte unterschreitet. Das hat Auswirkungen auf die Güte der Ökobilanz, denn die Ergebnisse des Treibhauspotenzials werden pro Jahr angegeben. Es lässt sich also grundsätzlich sagen: Je länger ein Haus steht, desto weniger fällt der Energieverbrauch in der Herstellungsphase ins Gewicht und desto mehr der Energieverbrauch in der Nutzungsphase. Für Backsteinbauten, die exzellente Wärmedämmeigenschaften haben, aber einen relativ großen Energieverbrauch in der Herstellung, verzerrt der künstlich auf 50 Jahre angelegte Betrachtungszeitraum also die Ergebnisse. Da im Sinne der Nachhaltigkeit ein Lebenszyklus von 80 oder 100 Jahren selbstredend erstrebenswerter ist, ist die Ökobilanz für von Backsteinbauten in der Praxis sogar besser als die berechnete.
Das Fazit der Studie lautet ganz klar: Wer zweischalig baut, muss den zusätzlichen Aufwand für die Beantragung der Neubauförderung in der Planung nicht scheuen, denn die finanziellen Vorteile durch die KFN-Förderung sind sicher.