Martin Elsaesser
Die Publikation würdigt das Schaffen eines Architekten, der einen der wichtigsten Beiträge zum evangelischen Sakralbau am Anfang des 20. Jahrhunderts schuf. Alleine für die württembergische Landeskirche entwickelte Elsaesser fast 60 Projekte. In seiner Funktion als Berater der Pfarrgemeinden im Auftrag des Vereins für christliche Kunst errichtete er neben seinen zahlreichen Neu- und Umbauten von Stadt- und Dorfkirchen auch Wohn- und Verwaltungsgebäude, mit denen er das Verhältnis von Profan- und Sakralbau neu bestimmte.
Der Architekt Martin Elsaesser wurde bisher vorrangig in seiner Funktion als Baudirektor (1925–1932) des Neuen Frankfurt wahrgenommen, der während der Ära des Stadtbaurats Ernst May als Erbauer der Frankfurter Großmarkthalle (1928) berühmt wurde. Weniger bekannt ist, dass Elsaesser vor dem Ersten Weltkrieg auch als das große und hoffnungsvolle Talent der Stuttgarter Architekturszene galt. Der Schüler und Assistent von Theodor Fischer erwarb sich mit über 40 Wettbewerbsentwürfen, Neu- und Umbauten sowie Renovierungen von Kirchen den Ruf eines umsichtigen, das Alte mit dem Neuen verbindenden Künstlers.
Zu den herausragenden Beispielen seiner Baukunst gehören der Betsaal in Kirchheim/Teck (1909), die Stadtpfarrkirche Stuttgart-Gaisburg (1913) und die Esslinger Südkirche (1926). Außerdem machte sich Elsaesser mit Profanbauten, wie der Wagenburg-Schule in Stuttgart (1914), aber vor allem der Stuttgarter Markthalle (1914), einen Namen. Viele dieser Bauten feierten kürzlich ihre 100-jährigen Einweihungs-Jubiläen.
Doch das war nicht der einzige Grund, die 1989 von Elisabeth Spitzbart als Dissertationsdruck veröffentlichte Studie zu den Kirchenbauten Martin Elsaessers zu überarbeiten und neu herauszugeben. Aktuelle Recherchen der Autoren brachten bisher unbekannte, aber nicht weniger spektakuläre von Martin Elsaesser verwirklichte Kirchenumbauten, wie in Kleinbottwar (1913), in Eschach (1914) und Münster am Kocher/Gaildorf (1914), ans Licht, die in das Werkverzeichnis aufgenommen werden konnten.
Elsaessers innovative Kirchenbauten, die er für städtische Erweiterungsgebiete und wachsende Dorfgemeinden entwarf und bei denen er liturgische Reformbestrebungen einband, prägten die Sakralarchitektur seiner Zeit. Mit zahlreichen Renovierungen historischer Dorfkirchen gab er praktische Beispiele der Denkmalpflege, die noch für die heutige Debatte von Relevanz sind. Das gilt auch für seinen Gestaltungsansatz; so sah er sich als Verfechter einer gegenwartsbezogenen Architektur, die funktionale Erfordernisse mit transzendenten Werten zu verbinden versuchte, was sein Werk in einem engen Beziehungsverhältnis von Profan- und Sakralarchitektur brachte.
Fazit:
Die sorgfältig aufbereitete Dokumentation bietet einen umfassenden Überblick über – sowie aufschlussreiche Einblicke in – das Leben und Schaffen Martin Elsaessers. Zahlreiche historische Pläne und Entwürfe sowie eine Auswahl historischer und zeitgenössischer Fotografien liefern zusätzlichen Mehrwert. Die reichhaltig bebilderte Publikation ist die wohl vollständigste Bestandsaufnahme der Architektur Elsaessers und gerade deshalb eine empfehlenswerte Lektüre für diejenigen, die sich intensiver mit (protestantischem) Sakralbau im Allgemeinen auseinandersetzen möchten.
Elisabeth Spitzbart, Jörg Schilling
Martin Elsaesser
Kirchenbauten, Pfarr- und Gemeindehäuser
208 Seiten mit zahlreichen, teils farbigen Abbildungen Format 24,5 x 30,5 cm. Hardcover
ISBN 978 3 8030 0778 0
EUR 48,– (D)