Häuser des Jahres 2024
Authentische Architektur, die zum Bestand passt, und natürliche Materialien sind Trends, die sich bei den Preisträgern des Wettbewerbs „Häuser des Jahres“ abzeichnen. Ausgelobt wird der Preis seit 2011 vom Deutschen Architekturmuseum und dem Callwey-Verlag. Der dazugehörige Bildband präsentiert die 50 besten Einfamilienhäuser aus dem deutschsprachigen Raum in all ihren eindrucksvollen Facetten.
Makel erwünscht
Claire Beermann, Style Directorin beim Zeit-Magazin und Mitautorin des Sammelwerkes, widerspricht mit ihrer Einleitung der gängigen Kritik am Einfamilienhaus, dass es sich dabei um ein rein egoistisches Unterfangen handele. Laut Beermann ist es gerade die Individualität der Eigenheime, die zu einer diversen Stadtentwicklung beiträgt. Die Alternative: charakterlose, homogene Wohnblöcke ohne Ecken und Kanten. Das Bedürfnis nach Authentizität zeigt direkt das Siegerprojekt, Interpol in Karlsruhe: Das Sichtmauerwerk des gründerzeitlichen Bestandes wird innen wie außen freigelegt und in Szene gesetzt. Das Projekt ist ein Hinweis auf ein Umdenken in der Architektur: Makel sind keine Schwäche von Architektur, sondern werden vielmehr bewusst stehen gelassen. Sie sind sogar erwünscht und gewollt. (Siehe dazu auch: Luise 19E, Gold Winner beim Erich-Mendelsohn-Preis 2023 für Backstein-Architektur)
Natürliche Materialien
Der Trend zur Natürlichkeit setzt sich in der Wahl der Materialien fort: Backsteinmauerwerk ist nicht nur authentisch, sondern durch seine Jahrtausende alte Tradition auch ein Material, das Vertrautheit vermittelt. Im Düsseldorfer Stadtteil Kaiserswerth haben die Architektinnen Annelen Schmidt-Vollenbroich und Ana Vollenbroich ein Wohnhaus geschaffen, dessen bodentiefe, in Eiche gerahmten Fenster beinahe sakral anmuten. Diese zurückhaltende Eleganz aus der Feder des Architekturbüros Nidus, das seinen Stil beschreibt als „schnörkellos, zurückhaltend, aber bewusst in Zitaten der Baugeschichte, monolithisch gebaut und mit natürlichen Materialien auf das Wesentliche reduziert“.
Handwerk sichtbar machen
Ein dritter Trend, der sich aus der Verwendung natürlicher Baustoffe ergibt, ist die Wertschätzung des Handwerks. Auf einer Wiese mitten in einem 600-Seelen-Dorf in Nordhessen kombinieren drei Baukörper Wohnen und Arbeiten. Sie bilden eine Hofstruktur, die das Dorf im Kleinen nachbaut. Die Architekten Antje Freiesleben und Johannes Modersohn kombinieren bei ihrem Projekt in Ringgau-Netra Sichtmauerwerk der zweischaligen Wand mit sichtbaren Holzelementen. Zugrundeliegende Prinzipien: natürliche Materialien, einfaches Bauen sowie Maurer- und Zimmerarbeiten von Handwerkern aus der Region.
Fazit
Die ausgewählten Projekte zeigen, dass Nachhaltigkeit inzwischen (wieder) größer gedacht wird: Es geht nicht mehr allein um maximale Energieeffizienz, sondern auch um langlebige Qualität, authentische, zum Bestand passende Ästhetik und das Bedürfnis nach vier Wänden, die Vertrautheit ausstrahlen. Ein Blick in die Häuser des Jahres 2024 lohnt sich!
Häuser des Jahres 2024: Die 50 besten Einfamilienhäuser
Claire Beermann und Eva Maria Herrmann
Verlag: Callwey
Erscheinungsdatum: 31.10.2024
Seiten: 336
ISBN: 978-3-7667-2712-1
Preis 59,95 EUR