Backstein-Bettenstation für Ghana
Gleich fünf Auszeichnungen haben die beiden Schülerinnen Hanna Draxl und Lisa Kogler für ihren Backstein-Entwurf bekommen: eine innovative Bettenstation zum Jordan Medical Center in Sekondi-Tako, Ghana.
Das mehrfach ausgezeichnete Abschlussprojekt von Hanna Draxl und Lisa Kogler macht es vor. Die beiden Schülerinnen der österreichischen Höheren Technischen Lehranstalt (kurz HTL) in Imst zeigen, dass sich mit Backstein lokale Kultur und moderne Technik heute bestens verbinden lassen. Über ihren Lehrer Dipl.-Ing. Harald Brutscher haben sie den gebürtigen Ghanaer Kofi Attah kennengelernt, der schon länger einen Herzenswunsch hat: „Ich möchte die Verfügbarkeit und hohe Qualität der Gesundheitsversorgung, die in Österreich etabliert ist, in mein Heimatland in Afrika übertragen.“ Dank großzügiger Spenden von Tiroler Spitälern und Firmen steht das Krankenhaus, Jordan Medical Center (JMC), nun tatsächlich kurz vor der Fertigstellung.
Mit Backstein Ghana verstehen
Hanna und Lisa wollten hieran anschließen und entwarfen für ihr Abschlussprojekt an der HTL, Abteilung Bautechnik, eine funktional wie ästhetisch gelungene Bettenstation, die sich als neues Gebäude dem Krankenhaus angliedert. Den beiden Nachwuchs-Ingenieurinnen war besonders wichtig, dass das neue Gebäude von den afrikanischen Bewohnern als Teil der Stadt akzeptiert wird. Um das Leben der Menschen vor Ort kennenzulernen, haben sie sich mehrfach mit Bauherr Kofi Attah in Innsbruck getroffen und sich ausführlich mit der ghanaischen Kultur auseinandergesetzt. Dass die Materialwahl der Schülerinnen auf den Traditionsbaustoff Backstein fiel, ist keine Überraschung. Das Bauen mit Ton und Lehm gehört zur Kultur dazu und das Material steht vor Ort zur Verfügung. Deshalb sieht das Projekt vor, den Baustoff lokal abzubauen und zu Backsteinen zu pressen. Die Gestaltung des Backstein-Gebäudes orientiert sich an der für die lokale Kultur typischen Festtagskleidung. Das sogenannte „Kente Muster“ der Festroben wird mit unterschiedlich farbigen Backsteinen auf die Fassade übertragen und auch die wellenförmige Gebäudehülle erinnert an ein weich fallendes Kleidungsstück.
Perforierung für nachhaltige Raumlüftung
Ein ökologisch nachhaltiges Gebäude zu schaffen, war ein weiterer Anspruch der beiden Schülerinnen. Dafür griffen sie sowohl auf ganz klassische Low-Tech-, aber auch High-Tech-Methoden zurück. Die offene, löchrig gestaltete Lehmziegelfassade sorgt über die Perforierung für einen stetigen Luftzug im Gebäude. Auch der im Zentrum stehende Windturm, welcher über einem Wasserkanalsystem erbaut wurde, ist ein zentrales Element der natürlichen Klimatisierung. Über den Kamineffekt zieht warme Luft nach oben ab und kühle Frischluft gelangt ins Innere. Ein nachhaltiges Kühlungssystem ganz ohne Klimaanlagen. Diese klassischen Techniken kombinieren die beiden Schülerinnen nun mit etwas Neuem: „Rob der Baumeister“, ein Roboter, soll in Ghana den Bau des Gebäudes erleichtern. Die eigene Entwicklung greift den einzelnen Backstein und bringt ihn dort an, wo es das mittels CAD Software „Revit“ und „Dynamo“ geplante parametrische 3D-Modell vorsieht. Mithilfe der automatischen Steuerung und Überwachung können die Baubeteiligten zusätzlich besser auf Lieferengpässe reagieren.
Preisgekrönter Entwurf
Mithilfe des Backsteins gelingt dem Bauprojekt also die Verbindung von lokaler Tradition und High-Tech-Architektur. Für diese Leistung erhielten die beiden Abiturientinnen beim Maturaprojektwettbewerb der FH Kärnten den ersten Preis sowie den dortigen Sonderpreis für Nachhaltigkeit, den „Be the Best 2020“ der Tiroler Diplom- und Abschlussarbeiten, den ersten Platz beim Eternit Wettbewerb der HTL Österreich und eine Top 5 Platzierung im österreichweiten Bundesfinale von Jugend Innovativ. Ihre Vorbildrolle wollen Hanna und Lisa nutzen, indem sie ihre positiven Erfahrungen an andere Schülerinnen weitergeben: „Wir möchten mit unserem Projekt auch zeigen, dass Frauen und Technik besser funktionieren als je zuvor. Wir hoffen, damit Mädchen zu inspirieren, sich mehr in den technischen Bereich einzubringen. Denn unser Tellerrand ist noch lange nicht unser Horizont“.