Atlas Recycling
Recycling ist in aller Munde: Die Autoren beschreiben ihre Motivation für den Atlas mit der wachsenden Sensibilisierung für Rohstoffverbrauch und die daraus resultierenden Umweltfolgen. Gerade in der Baubranche gibt es ein großes Potenzial, die bereits vorhandenen Rohstoffe in einen Kreislauf zurückzuführen.
„Das Bauen im Anthropozän setzt auf die Wieder- und Rückgewinnung von Baumaterial aus dem urbanen Ökosystem“, heißt es in der Einleitung. Oder anders gesagt: Gebäude und Städte können als Rohstofflager betrachtet werden. Die Potenziale der verschiedenen Baustoffe unterscheiden sich; ihre gemeinsame Voraussetzung ist eine saubere Materialtrennung beim Rückbau. Deswegen ist es sinnvoll, bereits beim Neubau auf monolithische Bauweise zu setzen. Bei Backsteinbauten können mit einschaligen Mauerwerkswänden tragfähige und energieeffiziente Gebäudehüllen entstehen.
In der Backsteinindustrie passiert bereits viel – das Naturprodukt ohne chemische Zusätze hat gute Recycling-Eigenschaften. Beim Downcycling als Pflanzsubstrat oder Bodenaustauschmaterial kann Backsteinsplitt deshalb auch problemlos verwendet werden. Unausgeschöpftes Potenzial gibt es noch bei der Verwertung von Ziegelrecyclat zur Herstellung neuer Steine: 20 bis 60 Prozent ließen sich bei der Produktion durch Ziegelmehl substituieren.
Das Potenzial hochgebrannter Klinker ist noch größer: Bereits ihre Langlebigkeit und gute Alterung machen sie zu ökologisch hochwertigen Außenwandbekleidungen. Durch ihre hohe Druckfestigkeit wäre es möglich, den Backstein gleichwertig zu recyclen. Ein Grund für die ungenutzten Möglichkeiten bei der Wiederverwendung von Klinker sehen die Autoren in seiner Verfügbarkeit: Bei Lehm und Ton herrscht keine Ressourcenknappheit, weshalb sie problemlos regional frisch gewonnen werden können.
Das Prognose der Autoren: Die Städte der Zukunft werden zunehmend lernen müssen, auf Selbstversorgung zu setzen, denn aktuelle Krisen verdeutlichen, dass die Abhängigkeit von der Globalisierung Risiken birgt. Dabei werden von „Urban Gardening“ bis „Urban Mining“ Materialkreisläufe eine immer wichtigere Rolle spielen.
Fazit
Ganz am Zahn der Zeit bietet das Buch einen Beitrag zum wissenschaftlichen Fundament für die Nachhaltigkeits-Debatte in der Baubranche. Detail ist eine zitierfähige Publikation gelungen, die gleichzeitig auf Verständlichkeit setzt und den Bezug zum gesellschaftlichen Diskurs behält. Erneut ist ein umfangreiches Nachschlagewerk entstanden, das dem Titel „Atlas” gerecht wird.
Annette Hillebrandt, Petra Riegler-Floors, Anja Rosen, Johanna-Katharina Seggewies
Atlas Recycling: Gebäude als Materialressource
Edition Detail: 2. Auflage 2021, 224 Seiten, gebunden
ISBN 9783955534158, 99,90 €.